Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz und Krakau 2024

Am späten Abend des 19.01. begann für 90 Schüler*innen und acht Lehrkräfte mit leichter Verspätung die diesjährige Gedenkstättenfahrt. Glücklicherweise konnte das ursprünglich bereits am Vormittag beginnende Programm so abgeändert werden, dass nur für zwei der vier Gruppen ein Programmpunkt entfallen musste. Nach der Ankunft am Samstagmittag stärkten sich zunächst alle beim Mittagessen in der Unterkunft für das Nachmittagsprogramm. Ein Teil der Gruppe erkundete die Stadt Oświęcim (der polnische Name von Auschwitz), insbesondere die Spuren der jüdischen Geschichte der Stadt. Für die übrigen Schüler*innen ging es in das Museum der Bevölkerung der Stadt Oświęcim, in welchem multimedial und anschaulich Einblicke in das Leben und Schicksal der Stadtbevölkerung gegeben wurden.

Am Sonntag besuchten alle Schüler*innen das Franziskanerkloster in Harmeze, in dessen Kellergewölbe sich die Ausstellung von Marian Kołodziej befindet, der als einer der ersten Häftlinge – er trug die Nummer 432 – in das Konzentrationslager Auschwitz inhaftiert wurde und überlebt hat. Nachdem er über 50 Jahre zu seiner Zeit in Auschwitz geschwiegen hatte, begann er nach einem Schlaganfall 1992 seine Erinnerungen in hunderten Gemälden „aufzuzeichnen“. Die Ausstellung beeindruckte vor allem durch die Detailliertheit der Bilder sowie die durch diese verbildlichten Emotionen und Wahrnehmungen des Künstlers.

Da die Gedenkstätte aktuell nur die Möglichkeit bietet, beide Lagerkomplexe (das Konzentrationslager Auschwitz I und das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau) in einer sechsstündigen Führung an einem Tag zu besichtigen, sollte der Montag ein für alle körperlich, aber auch kognitiv und emotional anstrengender Tag werden. Bereits um neun Uhr begann die Führung im Konzentrationslager mit dem Gang durch den neuen Eingangsbereich, der tunnelartig vom Besucherempfang in das Lager hineinführt. Während der Führung durch die Blöcke des Lagers konnte die Anwesenheit Elon Musks, der von einer Entourage an Sicherheitskräften und Pressemitarbeitern begleitet wurde, nicht ignoriert werden. Auf der Busfahrt gab es eine kleine Stärkung in Form von Lunchpaketen, bevor wir von unseren Guides am Eingangstor von Auschwitz-Birkenau für den zweiten Teil der Führung durch den Lagerkomplex des Vernichtungslagers in Empfang genommen wurden. Während in Auschwitz I die meisten Gebäude noch im Originalzustand erhalten sind und die Ausstellung mit Exponaten, wie beispielsweise Kleidung und Koffern der Häftlinge oder Fotografien aus der Lagerzeit, anschaulich gestaltet ist, zeigt sich in Birkenau vor allem die riesige Dimension des Lagers. Viele Baracken existieren nicht mehr, ebenso wurden die Krematorien, auf die man vom Eingangstor über die sogenannte Rampe direkt zuläuft, in den letzten Monaten des Lagers von der SS gesprengt, um Spuren und Beweise zu vernichten. Die Eindrücke aus den Führungen konnten die Schüler*innen auch an diesem Tag in der abendlichen Reflexionsrunde rekapitulieren.

Am Dienstag erwarteten die Teilnehmenden mehrere Programmpunkte, die dazu beigetragen haben, die Geschichte von Auschwitz einzuordnen. Gemeinsam sahen wir am Morgen den Dokumentationsfilm „Auschwitz war auch meine Stadt“, in dem vier Personen stellvertretend für die von der Errichtung des Lagers und seiner Nebenlager direkt und indirekt sowie negativ und positiv Betroffenen zu Wort kommen. Besonders viel Irritation, aber auch Einsicht in die Denkweise derer, die von der NS-Herrschaft profitierten, löste eine damalige Mitarbeiterin der Buna-Werke, in denen auch KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisteten, aus. Im Anschluss hörten die Teilnehmenden einen Vortrag einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Gedenkstätte, die sich intensiv mit dem Nebenlager Monowitz, das an die Buna-Werke der IG Farben angeschlossen war, auseinandergesetzt hatte. Hier wurde vor allem deutlich, dass die Lager auch ein enormer wirtschaftlicher Faktor für den NS-Staat waren und bis heute existierende, auch in Krefeld ansässige Firmen von der Arbeit von KZ-Häftlingen profitiert hatten. Nach der Mittagspause erhielten die Schüler*innen dank der Beharrlichkeit von Peter Junge-Wentrup, der unsere Fahrt ebenfalls begleitete, die Möglichkeit, eigenständig das Lagergelände und insbesondere die sogenannten „Länderausstellungen“ zu erkunden. In diesen Ausstellungen zeigen die Länder, aus denen die Opfer des Holocaust stammten, die Geschichte ihrer Staatsbürger. Auch Sinti und Roma, die den Völkermord an ihren Vorfahren mit dem Wort „Porajmos“ (das Verschlingen) bezeichnen, wird eine eigene Ausstellung gewidmet. Darauffolgend beschäftigten sich die Teilnehmenden in zwei Workshops mit dem Schicksal von Kindern in Auschwitz oder den Botschaften der Überlebenden. In der gemeinsamen Abendrunde zeigte sich, dass dieser Tag für viele besonders intensive und eindrückliche Momente enthalten hatte.

Nach dem Frühstück am Mittwochmorgen bestiegen alle die beiden Busse, um nach Krakau zu fahren. Dort begann das Programm mit einem Stadtspiel, in dem die Schüler*innen die Geschichte und die zentralen Orte der Stadt Krakau kennenlernen konnten. Im Anschluss daran wurde im Hostel eingecheckt, bevor die Busse uns zum Zeitzeuginnengespräch mit Niusia Horowitz brachten. Frau Horowitz erzählte mithilfe ihrer Dolmetscherin, mit der sie auch privat befreundet ist, ihre bewegende Überlebensgeschichte – sie war eine der Jüd*innen, die auch dank Oskar Schindlers „Liste“ den Holocaust überlebten. Insbesondere die beiden Situationen, in denen sie durch Glück bzw. das vorausschauende Handeln ihrer Mutter dem Tod entkommen konnte, berührten die Anwesenden sehr. Zum Abschluss lobte Frau Horowitz das große Interesse der Schüler*innen und beantwortete die vielen Fragen, die diese ihr stellten. Nach diesem eindrücklichen Programmpunkt stand der nun folgende Abend zur freien Verfügung, bevor sich alle um 23:00 Uhr in den verwinkelten und teilweise unübersichtlichen Fluren unseres Hostels wiedertrafen.

Der letzte Tag begann mit einem frühen Frühstück und dem Einladen der Koffer in die beiden Busse, die uns anschließend zur Schindler-Fabrik brachten, in der heute das Museum zur Geschichte der Stadt Krakau in der NS-Zeit untergebracht ist. Nach einer informativen und zum Teil interaktiven Führung durch das Museum wurden die Schüler*innen durch das jüdische Viertel sowie das Krakauer Ghetto, in dem auch Niusia Horowitz einige Zeit leben musste, geführt. Immer wieder konnte man Drehorte des Films „Schindlers Liste“, den alle vor der Fahrt gemeinsam gesehen hatten, wiedererkennen. Nach den Führungen gab es erneut die Möglichkeit, die Stadt bis zum gemeinsamen Abschlussabendessen auf eigene Faust zu erkunden. Das Abendessen fand im Obergeschoss eines Restaurants, das in einer ehemaligen Synagoge eröffnet worden war, statt – eine Neuerung, nachdem in den letzten Jahren traditionell in einem jüdischen Restaurant gespeist worden war. Nachdem die begleitenden Lehrkräfte einige Worte an die Schüler*innen gerichtet und sich für die gelungene Fahrt bedankt hatten, brachen alle gemeinsam zum letzten Fußmarsch zu den Bussen, die am Hostel auf uns warteten, auf. Gegen 20:50 fuhren wir los und am nächsten Mittag gegen 12:00 Uhr stiegen alle am MSM aus dem Bus und freuten sich auf eine Dusche und erholsamen Schlaf. Die Eindrücke und Gedanken, die die Schüler*innen während der Fahrt beschäftigten, werden Eingang in eine multimediale Ausstellung finden, die für alle Interessierten zu sehen sein wird. Genauere Informationen dazu folgen!

Ein besonderer Dank gilt dem Verein „Gemeinsam Erinnern für eine Europäische Zukunft“, insbesondere Herrn Peter Junge-Wentrup, ohne den Vieles auf dieser Fahrt nicht möglich gewesen wäre und der uns dabei unterstützt hat, die Fördermittel des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu erhalten. Ebenso möchten wir alle uns bei Herrn Schwagers, der die Organisation von schulischer Seite federführend übernommen hat, bedanken.