MSM-Leichtathletik-Team mit überragenden Leistungen beim Landesfinale NRW

So nah waren unsere MSM-Sportler Berlin in diesem Jahrhundert noch nie……
Am 6.6.23 war es endlich soweit: Das Landesfinale NRW in Duisburg beginnt und unsere Leichtathletik-WK-III-Jungenmannschaft (Jahrgang 2008+2009) darf stolz in das Stadion im Wedau-Park einmarschieren.

Bei dieser Meisterschaft geht es direkt mit einer der nervenaufreibensten Disziplinen los, dem Staffel-Lauf (4x75m). Hier kann so viel schiefgehen: der nächste Läufer kann zu früh loslaufen oder viel zu spät, so dass der Läufer mit dem Stab in ihn reinläuft, der Stab kann runterfallen bei der Übergabe oder man verlässt beim Wechsel seine Bahn… All dies kann dazu führen, dass man schon viele Punkte einbüßt, denen man den Rest des Tages hinterherlaufen muss. Die Spannung war also groß vor dem Startschuss, vor allem, weil kurz vor dem Lauf noch eine verletzungsbedingte Änderung in der Staffelbesetzung vorgenommen werden musste.

Unsere erste Staffel in der Besetzung Simeon Artz-Til Ullrich-Piet Olefs-Asher Artz sorgte direkt für das erste Highlight des Tages. In phänomenalen 36,20 sek. (neuer Schulrekord!) flogen sie förmlich über die Bahn, wechselten nahezu reibungslos und positionierten sich in einem sehr starken Teilnehmerfeld auf dem zweiten Platz, noch vor den hochgehandelten Sportschulen aus Dortmund und Solingen. Auch unsere zweite Staffel wuchs über sich hinaus und gewann sogar ihren Lauf mit tollen 38,50 sek. in der Besetzung Jacob Wolff-Samuel Jankov-Fabian Wirtz-Simon Franzes. Der Grundstein für einen sehr erfolgreichen Tag war also gelegt.

Weiter ging es zum Hochsprung. Eine Disziplin, in der unsere beiden Teilnehmer Til Ullrich und Timur Boylu noch nicht viel Erfahrung hatten. Umso bemerkenswerter, dass beide dem Druck sehr gut standhielten. Timur sprang mit 1,40m eine persönliche Bestleitung (PB) und Til trug sich sogar mit der zweitbesten Höhe des Wettbewerbs in die Ergebnisliste (1,60m) ein.

Nun waren wieder unsere schnellen Jungs gefordert: der 75m-Lauf stand auf dem Programm. Zum ersten Mal mit Spikes ausgerüstet, wollten Asher, Simeon und Piet ihre eh schon sehr guten Zeiten von den Stadtmeisterschaften verbessern. Was folgte, hätte sich kein Drehbuchautor besser ausdenken können. Im ersten Lauf musste sich Piet, unser Jüngster im Feld, mit den Startern der anderen fünf Schulen messen und belegte einen tollen dritten Platz in fantastischen 9,54 sek. (fast eine halbe Sekunde unter seiner Bestzeit). Im zweiten Lauf glänzte Simeon dann sogar mit dem zweiten Platz und noch schnelleren 9,45 sek. (auch 0,4 sek. unter seiner bisherigen Bestzeit). Die Bühne war bereitet für den vermeintlich schnellsten dritten Lauf. Schon bei der Ankündigung der Gegner tat mir Asher ein wenig leid. Neben ihm standen unter anderem der Landesmeister im Blockmehrkampf Lauf sowie der Vizemeister aus NRW im 60m-Sprint. An diesen Lauf werden sich nicht nur diese beiden Gegner, sondern auch die Zuschauer und wir Betreuer noch sehr lange erinnern!

Asher explodierte nach dem Startschuss förmlich und ging sofort in Führung. Als der NRW-Vizemeister sich bei 50m ein bisschen näher an Asher heran arbeiten wollte, schien es, als würde Asher einfach einen Gang höher schalten und gewann diesen hochkarätig besetzten Lauf am Ende sehr deutlich. Ein ungläubiges Raunen ging durchs Stadion, als seine Zeit auf der Uhr angezeigt wurde: 8,88 sek.! Das ist eine unfassbare Zeit und Asher hat damit die höchste Einzelpunktzahl aller Teilnehmer im Landesfinale erzielt! Einen riesen Glückwunsch dafür! Wenn Asher nicht schon so ein fantastischer Fußballer wäre, würden die großen Leichtathletik-Vereine Schlange stehen bei ihm… Es versteht sich von selbst, dass diese Zeit einen neuen Schul-Rekord bedeutet. (Beim Bundesfinale 2022 wäre er damit Zweiter aus ganz Deutschland geworden!!!)

Nach drei Disziplinen lagen unsere MSM-Sportler immer noch knapp hinter der führenden Schule auf dem zweiten Platz. Jetzt ging es zum Ballwurf. Die Schüler der anderen Schulen spuckten sehr große Töne, wie weit sie denn alle werfen könnten, aber am Ende holte unser Trio Piet (59,5m PB- Platz 2!), Mattis Haslach (52m) und Mika Gollenstede (49m) mit seinen Leistungen die zweitmeisten Punkte aller Schulen, so dass wir auch nach vier Disziplinen weiter auf Silber-Kurs und nur noch ganz knapp hinter Platz 1 und dem damit verbundenen Ticket zum Bundesfinale in Berlin lagen.

Auch im Weitsprung lieferten unsere Teilnehmer trotz schwieriger, wechselnder Windverhältnisse wieder sehr ordentlich ab, so dass wir mit den 5,14m (PB) von Mattis und den 5,48m von Asher (Drittbeste Weite der Konkurrenz) in der Wertung weiter an unseren Traum glauben konnten, da wir mit nur noch 30 Punkten Rückstand weiter auf Platz 2 im Klassement zu finden waren. Was bisher ein sehr erfolgreicher und spannender Wettkampftag war, wurde nun zu einem echten Drama… zunächst stand eigentlich ganz harmlos der vorletzte Wettbewerb an, das Kugelstoßen mit der 4(!)kg-Kugel (dieses Detail wird noch wichtig…). Wie schon in so vielen Disziplinen zuvor, überzeugten auch hier unsere Teilnehmer voll und ganz. Simeon stieß in seinem allerersten Kugelwettkampf direkt über 11m (11,22m) und auch Samuel (9,83m) und Mattis (9,10m) verbesserten ihre Bestleistungen deutlich. Auf die bisher führende Schule waren wir nun bis auf 8 Punkte herangekommen, allerdings wurden wir von den bisher Drittplatzierten aufgrund bemerkenswerter Kugelleistungen (dazu später mehr) überholt, so dass wir zwar auf den dritten Platz in der Gesamtwertung zurückgefallen waren, aber immer noch den Titel im Blick hatten.

Die letzte Disziplin musste die Entscheidung bringen, der 800m-Lauf. Mit der Last der Verantwortung für das ganze Team auf den Schultern versuchten Jacob und Simon im ersten Lauf wirklich alles, um ihre Verfolger aus den Schulen aus Solingen (1.) und Brühl (2.) abzuschütteln, um den Rückstand in der Gesamtwertung noch wettzumachen. Lautstark angefeuert vom Rest der Mannschaft erzielten sie dann auch beide persönliche Bestleitungen (Jacob 2:21min./ Simon 2:27min.). Leider mussten wir anerkennen, dass vor allem die Läufer aus Brühl an diesem Tag einen Hauch zu stark waren. Auch Fabians engagiertes Rennen mit neuer Bestzeit im 2.Lauf (2:31min.) konnte uns nicht mehr nach ganz vorne bringen. Nach inoffizieller Berechnung hatten wir aber einen hervorragenden dritten Platz im Landesfinale NRW belegt mit nur ungefähr 100 Punkten Rückstand auf den Landessieger. Dies ist umso bemerkenswerter, weil sich in unserem Team nicht ein einziger Leichtathlet befand, alle Sportler kommen aus den Sportarten Fußball, Handball, Tennis oder Tanzen.

Nun wurde es aber turbulent: Es kam das Gerücht auf, dass einige Athleten beim Kugelstoßen mit einer zu leichten Kugel (3 statt 4kg) gestoßen hätten... Da aber nicht mehr zu klären war, welche Athleten, musste das Kugelstoßen tatsächlich komplett wiederholt werden. An sich wäre uns das sehr entgegen gekommen, da unsere Kugelstoßer definitiv mit der richtigen Kugel gestoßen hatten und wir daher eigentlich nur gewinnen konnten. Allerdings hatte sich ausgerechnet unser stärkster Athlet – Simeon – beim ersten Kugel-Wettkampf starke Schmerzen am Ellenbogen zugezogen, so dass nicht zu erwarten war, dass er die tolle Leistung (11,22m) noch einmal ähnlich zeigen kann. Direkt im ersten Stoß zeigte Simeon aber, wie gut er auf die Zähne beißen kann: Die Kugel flog wieder über die 11m-Linie und sogar einen Zentimeter weiter als im ersten Wettkampf (11,23m). Da auch Mattis noch ein bisschen weiter als beim ersten Mal gestoßen hat, waren wir guter Dinge, dass wir mindestens den dritten Platz gehalten hatten und liebäugelten sogar mit dem Silber-Rang, da die Sportler aus Solingen jeweils 1,5-2m weniger gestoßen haben als beim ersten Kugel-Wettkampf. Was dann folgte, war die größte Ungerechtigkeit, die mir in fast 40 Jahren Leichtathletik begegnet ist: Beim Blick auf die Ergebnisliste fiel uns nämlich auf, dass bei Simeon statt 11,23m nur 10,23m notiert worden sind. Doch selbst nach 20 Minuten intensivster Diskussion ließen sich die Kampfrichter samt des Oberschiedsgerichts nicht davon überzeugen, dass sie (erneut! siehe oben: drei statt vier Kilo-Kugel…) einfach einen Fehler gemacht hatten. Sie erzählten was von „Tatsachen-Entscheidung“ und keiner der umstehenden Betreuer und Trainer der anderen Schulen konnte (oder wollte) bestätigen, dass Simeon deutlich über die 11m-Linie gestoßen hatte. Dieser Meter weniger bedeutete 45 Punkte weniger in der offiziellen Endabrechnung, in der wir aufgrund dieses starrsinnigen Kampfgerichts tatsächlich sogar noch vom Podest auf Platz 4 gefallen sind, mit 17 Punkten Rückstand auf den Bronze-Rang.

Diese Ungerechtigkeit werde ich in meiner gesamten weiteren Schullaufbahn vermutlich niemals vergessen, ebenso wenig wie eure fantastischen Leistungen! Ganz, ganz herzlichen Dank, dass wir euch bei diesem emotionalen Wettkampf betreuen durften! Ihr dürft sehr, sehr stolz auf euer gesamtes Auftreten und die grandiosen Ergebnisse sein!!! Und wenn uns Betreuer jemand in 30 Jahren fragen wird, werden wir immer sagen, die MSM-Leichtathleten 2023 haben den dritten Platz in NRW belegt!!!

Bettina Kessen und Holger Kemper